Workshop zur Chinesisch-Niedersächsischen Hochschulzusammenarbeit und Abschluss der China Woche 2021

Die erkenntnisreiche China Woche 2021 neigt sich dem Ende und mündet am heutigen Freitag im traditionellen Workshop zur Chinesisch-Niedersächsischen Hochschulzusammenarbeit, der von Prof. Dr. Thomas Hanschke, China-Beauftragter des MWK Niedersachsen, moderiert wird.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Differenzen zwischen der Volksrepublik China, den USA und der EU angesichts der Olympischen Winterspiele empfiehlt Herr Hanschke den Teilnehmenden, den Essay des chinesischen Botschafters Wu Ken „Die Welt braucht mehr Brücken, keine Mauern“ zu lesen, welcher am 21. November 2021 in der Berliner Zeitung erschienen ist. Er appelliert für mehr Verständigung und Toleranz und gerade während der Pandemie die Gesprächskanäle zwischen China und Deutschland offen zu halten.

Grundvoraussetzung für eine Kommunikation auf Augenhöhe ist dabei ein Mindestmaß an China-Kompetenz, über die Frau Prof. Dr. Hiltraud Casper-Hehne, Leiterin der Abteilung Interkulturelle Germanistik und des deutsch-chinesischen Instituts für Interkulturelle Germanistik und Kulturvergleich der Universität Göttingen, referiert. Zu wenig Erfahrung münde demnach häufig in Stereotypisierung „der Chinesen“, obgleich China „so vielfältig wie ein ganzer Kontinent“ sei. Die fehlende China-Kompetenz an deutschen Hochschulen veranschaulicht sie u. a. an der im Vergleich zu Lehrstühlen der Romanistik geringen Anzahl von Lehrstühlen der Sinologie, was Prof. Dr. Hanschke sichtlich beeindruckt. Der Förderung des für Kooperationen notwendigen Sets an Wissen, Einstellung und Fertigkeiten widmet sich sodann die AG China-Kompetenz, z. B. durch spezifische Angebote für verschiedene Zielgruppen (Studierende, Wissenschaftler*innen, Administrator*innen, Hochschulleitungen) oder der Erhebung und Dokumentation vorhandener Maßnahmen. Auf ein positives Beispiel für eine erfolgreiche, auf Augenhöhe stattfindende, strategische deutsch-chinesische Kooperation kann die Hochschule Osnabrück zurückblicken. Die dabei stetig weiterentwickelten neun Kooperationsfelder werden in einem Vortrag von Prof. Dr. Hendrik Lackner der Hochschule Osnabrück vorgestellt. Neben einer kürzlich eingeführten Mastervertiefung „China“, zählen Double-Degree Programme, Summer Schools, Weiterbildungen zur China-Kompetenz sowie Publikationen zum Angebot der Hochschule. Besonders stolz sei man auf die Zusammenarbeit im Rahmen der chinesischen Zeitschrift „Application-Oriented Higher Education Research“ (AOHER). In jeder Ausgabe würden sieben Beiträge von deutschen Professor*innen veröffentlicht, sodass man im Laufe der Zeit bereits über 200 Aufsätze deutscher Wissenschaftler*innen zu verzeichnen hat, was „einzigartig in seiner Form“ sei. Spezifischer wird der anschließende Beitrag mit dem Titel „Energietransformation und Covid-19 - Die Rolle der Ingenieure in China und Deutschland von“ Prof. Dr. Carsten Ahrens der Jadehochschule in Oldenburg. Demnach haben sich die Anforderungen von Ingenieur*innen, die vor der Corona-Pandemie vor allem in der Sicherstellung von Grundbedürfnissen wie Essen, sauberes Wasser und Elektrizität bestand, zu einer Sicherstellung von Belüftungssystemen, Desinfektions- und Hygieneartikeln sowie Home-Office und Home-Schooling Ausstattung verändert. Das Dilemma dabei bestehe in der Einhaltung der Produktionskette. Würde man diese unterbrechen, hätte dies eine unfaire Verteilung der vorhandenen Güter zur Folge; würde man sie aufrechterhalten, könnten Kontaktbeschränkungen nur schwer eingehalten werden und man würde Gefahr laufen, sich selbst zu infizieren. Er bilanziert deshalb, dass die Corona-Pandemie die Welt umwandeln wird, da sie „wie eine Sense durch unser“ Leben gegangen ist. Veränderungen seien u. a. auch am Energieverbrauch abzulesen, der in China während der ersten Welle um 35 Prozent zurückgegangen ist. Welche Rolle erneuerbare Energien dabei spielen, ist für ihn klar: „Unsere Zukunft ist der grüne Wasserstoff“. Dabei stimmen gegenwärtige Projekte und formulierte Strategien, sowohl auf deutscher als auch chinesischer Seite hoffnungsvoll.

Im Anschluss an die ersten drei Vorträge folgen konkrete Beispiele für deutsch-chinesische Hochschulkooperationen. Den Anfang macht Prof. Dr. Dietmar Möller der TU Clausthal, der nach einer kurzen Definition zu Industrie 4.0 und Made in China 2025 den geplanten Masterstudiengang „Intelligent Manufacturing“ zwischen der TU Clausthal und Zhengzhou University vorstellt. Der nachfolgende Beitrag von Prof. Dr. Georg Gesk der Universität Osnabrück widmet sich sodann einer rechtswissenschaftlichen Perspektive. Eine wichtige Rolle bei der deutsch-chinesischen Kooperation spielen seiner Meinung nach entsprechende (chinesische) Sprachkenntnisse. Denn obgleich Englisch als Brückensprache „alles kann“, sei es nur schwer vorstellbar, dass man in China mit einer englischen Übersetzung des BGBs überzeugen könne.  Nach einer enormen Überzeugungsarbeit ist es aber gelungen, ein bislang einzigartiges Konzept zwischen der Universität Osnabrück und der Hefei University in der Provinz Anhui zu entwickeln: Während die deutschen Studierenden ihre Masterarbeit in China auf Chinesisch schreiben und verteidigen, müssen die chinesischen Studierenden im Gegenzug in Deutschland in deutscher Sprache eine Arbeit verfassen. Während der Corona-Pandemie sei dies eine besondere Herausforderung gewesen, da keine Austauschprogramme stattfinden konnten. Er betont abschließend noch einmal die Relevanz einer entsprechenden China-Kompetenz im juristischen Bereich, und hält es „beinahe für ein kriminelles  Versäumnis“, dass man es soweit hat kommen lassen und über seinen wichtigsten Außenhandelspartner nicht Bescheid wisse. Sein wichtigster Appell lautet daher „Egal in welchem Fach Sie arbeiten, versuchen Sie – egal wie – irgendwie in diesem Bereich voranzukommen“. Um diesem Appell zu entsprechen, setzt sich vor allem Prof. Dr. Michael Z. Hou ein, der nicht nur als China-Beauftragter an der TU Clausthal tätig ist, sondern auch das China-Kompetenzzentrum seit 2018 leitet und die China Woche initiiert hat. So sei beispielsweise – wie schon im vergangenen Jahr – wieder ein Tagungsband geplant, der die im Rahmen der China Woche 2021 erlangten Kenntnisse einem breiten Publikum zugänglich macht. Darüber hinaus könnte man an der TU Clausthal auf eine lange Tradition der deutsch-chinesischen Kooperation zurückblicken, von denen exemplarisch vier aktuelle Projekte in seinem Beitrag vorgestellt werden. Neben dem im September 2021 gestarteten Bachelorstudiengang Elektrotechnik mit der SCU in Chengdu, betont auch das kürzlich gegründete Sino-German Institute of Carbon Neutrality and Green Development an der Zhengzhou University die aktuellen Kooperationsbestrebungen. Auch die Bemühungen von Prof. WAN Gang, der sich zur offiziellen Begrüßung der China Woche am Montag live aus Peking zuschaltete, sowie der ehemaligen Bundesministerin Annette Schavan zur Chinesisch-Deutschen Akademie für Junge Eliteforscher sollen nach der Pandemie vorangetrieben werden.

Trotz der bereits bestehenden, erfolgreichen Kooperationen dürfe man laut Prof. Dr. Hanschke aber nicht aufhören, für die Zusammenarbeit mit China zu werben. Dabei sei weiterhin – und das zeigen insbesondere die Vorträge von Frau Prof. Dr. Casper-Hehne sowie von Prof. Dr. Gesk – sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig, um den „Anschluss nicht zu verpassen“. Bilanzierend wünscht er sich eine Intensivierung des Dialogs mit China, der durch Formate wie die China Woche der TU Clausthal und das China Netzwerk Niedersachsen effizient und erfolgreich unterstützt würde und nur gemeinsam gelingen kann.

Video Link: https://video.tu-clausthal.de/film/china-woche-2021_1228.html

Foto Link: https://www.china-kompetenzzentrum.tu-clausthal.de/ueber-uns/gallery

Foto:China-Kompetenzzentrum

Foto:China-Kompetenzzentrum